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AI meets HR: Wie einfache Tools mit künstlicher Intelligenz die Personalauswahl verändern.

Der Beitrag ist in der Südtiroler Wirtschaftszeitung erschienen. Hier zum Nachlesen:


KI trifft HR
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Die richtige Personalauswahl erlaubt es Unternehmen, Kompetenzen strategisch aufzubauen, die sie brauchen, um am Markt erfolgreich zu sein. Neue, AI-gestützte Methoden zur Personalauswahl bieten Klein- und Mittelbetrieben die Chance, ebenso wirksam wie Großunternehmen mit kostspieligen HR-Departments, die richtigen Mitarbeitenden für ihr Unternehmen auszuwählen. Sie erstellen auf Knopfdruck ein Profil der wichtigsten Merkmale von Bewerber:innen. Diese Informationen ermöglichen es HR-Expert:innen und Führungskräften die Eignung von Bewerber:innen für Stellen zielgenau vorherzusagen und so bessere Personalentscheidungen zu treffen.


Wirksame Personalauswahl ist mehr als Qualifikation plus Erfahrung.


In Fachberufen erbringen die besten Mitarbeitenden 15-mal so viel wie die leistungsschwächsten Mitarbeitenden. Zugleich ist eine hohe Fluktuation an Mitarbeitenden in der Mehrzahl der Fälle ein Ergebnis mangelhafter Personalauswahl. Das zeigt, dass die richtige Personalauswahl ebenso entscheidend für den Unternehmenserfolg ist, wie die Produktion, der Verkauf oder andere Kernfunktionen im Unternehmen. Höchstleistungen gelingen dort, wo Mitarbeitende zur Unternehmenskultur passen (“Person-Organization-Fit”) und ihre Talente bei den dazu passenden Aufgaben entlang der betrieblichen Wertschöpfungskette eingesetzt werden (“Person-Job-Fit”). Der Schlüssel, Mitarbeitende zu gewinnen, die auf die Stelle und in die Organisation passen, sind wirksame HR Praktiken, und zuallererst eine wirksame Personalauswahl.

In kleinen und mittleren Unternehmen sind aber gegenwärtig wenig zuverlässige Methoden zur Personalauswahl, wie Vorstellungsgespräche oder Lebensläufe ohne weitere Informationen zu nutzen, die gängige Praxis. Führungskräfte achten bei Vorstellungsgesprächen oder Lebensläufen häufig auf die Erfahrung und Qualifikation von Bewerber:innen. Dabei sind es genau diese Merkmale, welche durch den technologischen Wandel von Tätigkeiten stark an Bedeutung verlieren. Tatsächlich ist besonders Erfahrung ein schlechter Anhaltspunkt für die spätere Leistung am Arbeitsplatz. Organisationen und Aufgaben unterscheiden sich, weshalb Erfahrung nicht zwingend übertragbar ist auf neue Stellen. Zehn Jahre Erfahrung sind oft nicht mehr als ein Jahr Erfahrung zehnmal wiederholt, kurz gesagt: Dauer der Erfahrung ist nicht gleich Qualität der Erfahrung. Vor allem aber versäumen traditionelle Einstellungsverfahren eine systematische Beurteilung kritischer Eigenschaften, wie Persönlichkeit oder kognitive Fähigkeiten, die den beruflichen Erfolg zuverlässig vorhersagen. Diese Merkmale sind es auch, die gerade dann wichtig sind, wenn die Stelle sehr komplexe Aufgaben umfasst, eine hohe Arbeitsmoral gefragt ist oder eine Zusammenarbeit im Team und mit Kunden erfordert. Forschungsergebnisse bekräftigen diese Beobachtungen und zeigen, dass traditionelle, häufig unstrukturierte Methoden zur Personalauswahl die späteren Ergebnisse der Bewerber:innen am Arbeitsplatz kaum vorhersagen.


Wie können wir Leistung am Arbeitsplatz gut vorhersagen?

Fast ein Jahrhundert solide, angewandte Forschung in Unternehmen empfiehlt ein strukturiertes Vorstellungsgespräch mit psychologischen Tests (Psychometrie, Assessments) zu ergänzen, die es erlauben ein differenziertes Profil der Persönlichkeit und kognitiven Fähigkeiten von Bewerber:innen zu erstellen. Tatsächlich leisten diese beiden Merkmale die besten Vorhersagen über die späteren Ergebnisse von Bewerber:innen am Arbeitsplatz. Die Persönlichkeit wird valide über die sogenannten Big Five (Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit) gemessen. Bewerber:innen werden dabei in einem Persönlichkeitsprofil abgebildet, wo sie in jeder der fünf Dimensionen hohe oder geringe Werte erreichen, was HR-Expert:innen oder Führungskräfte dann als Grundlage für Personalentscheidungen dienen.

Die Bedeutung dieser fünf Faktoren der Persönlichkeit rührt daher, dass sie konsistent wichtige Ergebnisse in Unternehmen vorhersagen. Gewissenhaftere Bewerber:innen werden eine höhere Arbeitsmoral zeigen und höhere Leistungen bringen, sowie zusammen mit einer hohen emotionalen Stabilität weniger Fehlzeiten haben als weniger gewissenhafte oder emotional instabilere Personen. Gerade Personen mit hoher Gewissenhaftigkeit eignen sich für administrative Aufgaben und Managementaufgaben. Verträgliche Personen sind Teamplayer, sie werden besser im Team mit anderen Mitarbeitenden kooperieren als wenig verträgliche Personen. Extrovertierte Personen sind talentierte Verkäufer und haben wegen ihrer Durchsetzungsfähigkeit zugleich auch hohes Potential in Führungsrollen. Unsere Forschung zeigt, dass offene Personen nicht nur mit digitalen Technologien schneller und besser zurechtkommen, sondern auch bessere Ideen für Produktinnovationen entwickeln als weniger offene Mitbewerber:innen. Sie sind die erste Wahl, wenn es um Aufgaben in Forschung und Entwicklung geht, aber auch für Führungspositionen, die strategisches Denken erfordern. Die allgemeinen kognitiven Fähigkeiten (allgemeine Intelligenz) beschreiben dagegen die Fähigkeiten schnell zu lernen, mentale Modelle zu bilden und komplexe Probleme zu lösen. Zugleich erlaubt die kognitive Fähigkeit die beste Vorhersage der Leistung einer Person am Arbeitsplatz, vor allem dann, wenn die Personen mit komplexen Aufgaben betraut werden. Ist die Tätigkeit komplex und dynamisch, ist Intelligenz Trumpf und sagt deshalb wenig überraschend auch den Erfolg in Führungspositionen vorher. Beide Merkmale sind stabil, sie sind also wenig veränderbar über unsere Lebensspanne hinweg und prägen unser Verhalten am Arbeitsplatz und darüber hinaus.

Ein wichtiger Aspekt macht es für kleine und mittlere Unternehmen aber schwierig, diese entscheidenden Informationen von Bewerber:innen bei ihrer Personalauswahl zu berücksichtigen: ihre zeitaufwändige und kostenintensive Messung. Die psychologischen Testverfahren zur Messung dieser Merkmale bedürfen einer soliden, oft kostspieligen Einschulung für HR-Expert:innen oder Führungskräfte und ihre Durchführung nimmt viel Zeit in Anspruch. Beides macht die Anwendung dieser Verfahren durch kleine und mittlere Unternehmen umständlich.


AI-gestützte Tools bieten uns Profile von Bewerber:innen auf Knopfdruck.

Hier kommen AI-basierte, automatisierte Tools ins Spiel. Sie erlauben es, ein Profil der Persönlichkeit und Intelligenz von Bewerber:innen sprichwörtlich auf Knopfdruck zu entwickeln. Damit ermöglichen sie auch kleinen und mittleren Unternehmen, schneller und kosteneffizienter als zeitintensive psychologische Tests und zugleich ähnlich zuverlässig, gut informierte Personalentscheidungen zu treffen. Diese AI-gestützten Lösungen zur Beurteilung von Bewerber:innen sind kein Zukunftsszenario, sondern Best-Practice in den mitunter erfolgreichsten Unternehmen weltweit: Die Mehrzahl der 500 umsatzstärksten, in der Fortunes Liste geführten Unternehmen setzen solche Automatisierungen ein, um die Personalauswahl zu unterstützen und effizienter bessere Personalentscheidungen zu treffen. Einer der größten Anbieter in diesem Markt, HireVue (UT, USA), schätzt den Markt für diese Lösungen auf jährlich 3 Milliarden Dollar.

Werfen wir einen genaueren Blick auf diese Systeme, die sehr verschiedene Daten heranziehen, um Schlussfolgerungen über Merkmale von Bewerber:innen zu ziehen. Lösungen wie HireVue oder DeepSense bieten eine Lösung an, in welcher Bewerber:innen durch einen programmierten Avatar interviewt und dabei aufgezeichnet werden. Ein AI-Algorithmus wird dann auf diese Videos angewandt, der die Informationen über die Sprache, die Stimme, die Augenbewegungen, oder die Gesichtsausdrücke der Bewerber:innen nutzt und deren Persönlichkeit und kognitive Fähigkeiten vorhersagt. Ein solches Profil wird für alle Bewerber:innen entwickelt und steht dann für die Beurteilung durch HR-Expert:innen oder Führungskräfte zur Verfügung. Dagegen nutzen andere Lösungen, wie Crystal Knows und Humantic AI, Daten der Bewerber:innen aus den sozialen Medien und nutzen Natural Language Processing (eine AI Anwendung) um aus diesen Informationen ein Profil der Bewerber:innen abzuleiten. Viele dieser AI-gestützten Methoden zur Beurteilung von Bewerber:innen haben dabei eine solide wissenschaftliche Grundlage.

Im Gegensatz zu Vorstellungsgesprächen, wo Bewerber:Innen Antworten einstudieren und ihre Stärken zuweilen übertreiben oder Führungskräfte ihre Entscheidungen auf subjektive Eindrücke stützen müssen, liefern AI-basierte, automatisierte Systeme zuverlässigere Informationen über Bewerber:Innen. Der Vorteil für Unternehmen liegt auf der Hand: AI-gestützte Lösungen erlauben eine zielgerichtetere Auswahl von Bewerber:innen, sparen Zeit durch die Automatisierung des Beurteilungsprozesses, fördern Diversität durch die Vermeidung von subjektiven Beurteilungen und ermöglichen eine konsistente Bewertung von Bewerber:Innen. Es ist wahrscheinlich, dass diese neue Generation an Methoden zur Personalauswahl die fehlerbehafteten Methoden des Vorstellungsgesprächs oder der Prüfung von Lebensläufen zwar nicht ablösen, aber mindestens ergänzen und ihnen als Form der Vorauswahl von Bewerber:innen vorausgehen wird.


Eine wirksame Personalauswahl mit AI-gestützten Methoden erlaubt es Unternehmen, durch viele richtige Personalentscheidungen, einen Pool an Talenten unter ihrem Dach zu sammeln. Das macht eine gute Personalauswahl zu einem echten Motor für den Unternehmenserfolg. AI-gestützte Werkzeuge für die Personalselektion eröffnen Klein- und Mittelbetrieben so die Chance, ebenso genau und zielgerichtet wie Großunternehmen die richtigen Mitarbeitenden auszuwählen und damit Wettbewerbsvorteile für ihr Unternehmen am Markt zu schaffen.

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