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Digital Leadership. Warum Strategie das Herzstück digitaler Transformation ist.

Dieser Beitrag ist in der Südtiroler Wirtschaftszeitung erschienen. Hier zum Download:

Digital mit Strategie
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Die Integration und Nutzung neuer digitaler Technologien stellen eine der größten Herausforderungen dar, denen Unternehmen derzeit gegenüberstehen. Kein Sektor oder keine Organisation ist immun gegen die disruptiven Auswirkungen der digitalen Transformation. Es geht nicht mehr darum, ob Unternehmen die digitale Transformation zu einer strategischen Priorität machen müssen, sondern wie sie diese Veränderung annehmen und als Wettbewerbsvorteil nutzen können. Führungskräfte müssen dabei verstehen, dass digitale Transformation mehr als nur der Einsatz digitaler Technologien ist und dass eine klare Strategie der Schlüssel zur erfolgreichen Anpassung im digitalen Zeitalter ist.


Warum wirken digitale Technologien disruptiv?


Die derzeit fünf wichtigsten Technologietrends, die eine solche Disruption auslösen, werden als sogenannte SMACIT-Technologien bezeichnet. Jeder Buchstabe repräsentiert eine Technologie: S für Social Media, M für Mobile Computing, A für Analytics, C für Cloud Computing und IT für Internet of Things.

Drei disruptive Impulse stehen dabei an vorderster Stelle. Erstens, digitale Technologien erhöhen die Effizienz und Produktivität von Unternehmen durch Automatisierung, Optimierung und den Einsatz von Echtzeitdaten. Dadurch können Aufgaben schneller, präziser und mit weniger menschlichem Aufwand erledigt werden. Zweitens, diese Technologien eröffnen die Chance auf neue Geschäftsmodelle und Marktmöglichkeiten, indem sie Unternehmen ermöglichen, direkt mit Kunden zu interagieren und über digitale Plattformen zu handeln (z.B. Sharing Economy, E-Commerce, oder die Personalisierung von Angeboten). Dies hat Einfluss auf die Wettbewerbslandschaft: etablierte Geschäftsmodelle werden destabilisiert und die Eintrittsbarrieren für neue Wettbewerber sind tiefer. Drittens, diese digitalen Technologien fördern die Globalisierung und Vernetzung, da Unternehmen über Landesgrenzen hinweg miteinander kommunizieren, zusammenarbeiten und handeln können.


Den richtigen Grad an Digitalisierung und digitaler Transformation erkennen.


Eine Möglichkeit, den richtigen Grad an Digitalisierung zu bestimmen, ist es zunächst zu verstehen, wie tiefgreifend die Digitalisierung in Unternehmen sein kann. Der Wandel kann nämlich von der Digitalisierung von Daten bis zur völligen digitalen Transformation eines Unternehmens reichen.

Die Digitalisierung von Daten (Digitization) beschreibt nur die Umwandlung analoger Signale in digitale Formate, um Informationen unabhängig von ihrem ursprünglichen Format zu speichern, übertragen und nutzen zu können. So können beispielsweise Musik von einer Schallplatte auf einen Computer übertragen. Diese digitalen Daten bilden dann zusammen mit intelligenten Algorithmen die Grundlage für intelligente, autonom arbeitende Produkte und Lösungen. Der nächste Schritt der Digitalisierung (Digitaliszation) bezieht sich auf die Nutzung digitaler Technologien, um neue Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsprozesse zu entwickeln. iTunes oder Spotify sind Beispiele wie aus der Digitalisierung von Musik die Digitalisierung eines Geschäftsmodells geboren wird: vom Musikgeschäft zur digitalen Plattform. Dieser Prozess hat tiefgreifende Auswirkungen auf Prozesse und das Geschäftsmodell eines Unternehmens. Die digitale Transformation ist ein umfassender Prozess, bei dem Unternehmen ihre Strukturen, Kultur und Kompetenzen anpassen, um digitale Technologien in allen Aspekten des Unternehmens zu integrieren. Spotify etwa hat mit einer flachen, funktionsübergreifenden Teamstruktur eine Organisationskultur entwickelt, die den Anforderungen der Entwicklung digitaler Produkte dient.


Führungskräfte müssen eine klare Strategie zur digitalen Transformation entwickeln.


Führungskräfte müssen entscheiden, was der optimale Grad der Digitalisierung in ihrem Unternehmen ist. Grundlegend ist dabei, dass eine klare Strategie zur Digitalisierung ihre Entscheidungen leitet. Die Nutzung digitaler Technologien allein bietet keinen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil. Vielmehr müssen Unternehmen digitale Technologien strategisch zu Geschäftszwecken nutzen.

Damit das gelingt, brauchen Unternehmen eine Strategie, die IT- und Geschäftsstrategie zusammenfasst. Die digitale Strategie ist gleichermaßen geschäftsorientiert und technologieorientiert. In dieser Strategie müssen Führungskräfte die Digitalisierungsinitiativen koordinieren und den “individuellen”, optimalen Bereich für die Digitalisierung ihres Unternehmens bestimmen.

Die Managementforschung hat Leitlinien für Führungskräfte in Form von strategischen Fragen abgeleitet, die sie bei der Entwicklung ihrer Strategie zur digitalen Transformation beantworten müssen, und diese in vier Dimensionen digitaler Transformation gruppiert: Erstens, Fragen zum Einsatz von Technologien: Wie wichtig sind digitale Technologien für die Erreichung der strategischen Geschäftsziele; sind digitale Technologien nur unterstützend oder ermöglichen sie erst die Wertschöpfung? Wie ehrgeizig ist der Ansatz des Unternehmens; positioniert es sich als Innovationsführer, als Early Adopter oder als Nachzügler der Digitalisierung? Zweitens, Fragen zur Veränderungen in der Wertschöpfungskette: Wie "digital" sind die Elemente der Wertschöpfungskette (z.B. Schnittstelle zum Kunden)? Kann das Unternehmen in Zukunft Einnahmen aus “digitalen” Geschäftsbereichen generieren und in welchem Umfang? Drittens, Fragen zu strukturellen Veränderungen im Unternehmen: Wer ist für die digitale Transformation verantwortlich? Werden die neuen “digitalen” Geschäftsbereiche in bestehende Strukturen integriert oder separate Einheiten geschaffen? Welche Arten von betrieblichen Veränderungen sind zu erwarten; bedarf das Unternehmen neue Kompetenzen? Wenn ja, wie sollen diese angeeignet werden; sollen diese intern entwickelt, durch Partnerschaften oder Unternehmenskauf angeworben werden? Und zuletzt, viertens, Fragen zu finanziellen Aspekten: Wie stark ist der finanzielle Druck auf das Kerngeschäft; gibt es Spielraum für Initiativen? Wie soll die digitale Transformation finanziert werden?

Fest etablierte Unternehmen fokussieren als ersten Schritt in das digitale Zeitalter häufig entweder eine Strategie zur stärkeren Bindung von Kunden oder eine Strategie zum Angebot neuer, digitaler Lösungen. Verfolgen Unternehmen eine Strategie zur stärkeren Kundenbindung, nutzen sie digitale Technologien, um das Kundenerlebnis zu verbessern und so Kundenloyalität aufzubauen. Dies gelingt zum Beispiel durch bessere, personalisierte und integrierte Kundenerlebnisse, wie nahtlose, “omnichannel”-Erlebnisse, die es Kunden leicht machen, Bestellungen aufzugeben, zu bezahlen und Support von jedem Kanal zu jeder Zeit zu erhalten. Unternehmen, die als Strategie das Angebot neuer, digitaler Lösungen verfolgen, kombinieren bestehende Produkte mit digitalen Technologien in ein integriertes Wertangebot, um einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen. Zum Beispiel, die Schindler Group, ein weltweiter Anbieter von Aufzügen und Rolltreppen, wendet Algorithmen auf durch Sensoren erfasste Daten von Aufzugsystemen an, und bieten so Kunden den Service an ihre Produkte prädiktiv zu warten, um Ausfälle zu vermeiden.


Herausforderungen und mögliche Lösungen.


Bei der Entwicklung einer Strategie zur digitalen Transformation stehen Führungskräfte häufig vor typischen Herausforderungen. Zum Beispiel haben Führungskräfte oft einen Mangel an digitalem Fachwissen und unterschätzen die disruptiven Auswirkungen von digitalen Technologien auf ihr Geschäft. Eine Lösung ist hier die Suche nach zuverlässigem, externen Wissen, wie Weiterbildungsangeboten, Beratern oder Experten aus der Wissenschaft, die bei der Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie unterstützen können. Zudem kann es helfen, die digitalen Initiativen von Innovationsführern und Konkurrenten am Markt genau zu analysieren und selbst Zukunftsszenarien zu entwickeln, die beschreiben, wie digitale Technologien das eigene Geschäft verändern können. So gelingt es Führungskräften, Potentiale für Prozesse im eigenen Unternehmen und für das eigene Geschäftsmodell zu entdecken.

Ein ernstes Hindernis für Initiativen zur digitalen Transformation in Unternehmen sind persönliche Vorbehalte. Führungskräfte oder Schlüsselmitarbeitende zögern, in die digitale Veränderung einzustimmen, aus Furcht, ihre bestehenden Kompetenzen würden obsolet, und halten deshalb rigide an den alten Prozessen fest. Workshops und Erfahrungsaustauschzirkel zur gemeinsamen Entwicklung und transparenten Kommunikation von Best-Practices im Umgang mit digitalisierten Prozessen helfen hier.

Digitalisierungsinitiativen bergen auch Unsicherheit, etwa 70% der Projekte in Großunternehmen scheitern. Diese Unsicherheit lässt Führungskräfte zögern, große Investitionen zu wagen. Die bewährte Antwort hierauf: Geschäftsexperimente (Business Experiments). Führungskräfte sollten digitale Initiativen in überschaubaren, klar budgetierten Projekten mit klar formulierten Erwartungen initiieren. So können sie laufend prüfen, ob sich die digitalen Initiativen im Geschäft bewähren, oder ein Projekt in eine Sackgasse führt und deshalb rechtzeitig beendet wird.

Statistiken der EU zeigen, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) Großunternehmen in Bezug auf die digitale Transformation deutlich hinterherhinken. Projekte in anderen Wirtschaftsregionen zeigen, dass zielgerichtete Initiativen von Lobbyverbänden und Interessengemeinschaften, wie Informationskampagnen, Bildungsformate und praxisnahe Unterstützungsangebote, KMUs wirksam auf dem Weg zu ihrer Strategie für eine digitale Transformation unterstützen können.

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